Kurzprotokoll der Sitzung der BAG Energie vom 24.-26.01.2020

Protokoll der 1. Sitzung der BAG Energie 2020 in Berlin, Bundesgeschäftsstelle

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Freitag, 24. Januar 2020

 

15:00h Early Bird Veranstaltung: Austausch mit Akteuren der Fridays for Future Bewegung

Linus Steinmetz und Jakob Blasel – Mitbegründer der fff sind zu Gast.

Ihre Grundforderungen:

Orientierung am 1,5 Grad Ziel / Kohleausstieg komplett 2030 / CO2-Bepreisung / Anstieg in wenigen Jahren auf 180 € pro Tonne, 100 % EE bis 2035 / Gasnutzung als kurzer Übergang auch auf EU-Ebene

Aktionen 2020/ Divestment / Datteln IV – lokale fff-Gruppe / Windkraft/ DB und Stromnutzung noch bei 40% konventioneller Strommix

Ekkehard: Bericht zu unseren Aktivitäten:

Klimaantrag auf BDK, Widerstand gegen EE durch BIs, Energiemarkt-Design, Abstimmung BT-Fraktion Kohleausstiegsgesetz, Hinweis auf langen Atem der AKW-Gegner, der zum Erfolg führte.

 

Diskussion/Stichpunkte zu den derzeitigen Aktionen/Fragen an fff

  1. Forderungen herunterbrechen auf Alltag und Gesetze nicht Aufgabe von fff, Maßstäbe hochsetzen, Schüler und Studenten sind keine Fachleute
  2. Kommunikation zum Erreichen des Ziels, zwischen 1,5 und 2 Grad liegen Menschenleben
  3. Arbeitsteilung, Grüne haben die Option, Forderungen umzusetzen, fff will Gesamtgesellschaft sensibilisieren
  4. Kommunikation innerhalb/außerhalb, zu Vorwurf Klimahysterie: Minderheit der Klimaleugner prominent in der Presse
  5. Große Zustimmung an den Schulen, Engagement nicht nur der “Ökos“;
  6. Alle Parteien werden aufgefordert, ihren Weg zur Klimaneutralität aufzuzeigen
  7. BRD soll Vorreiter in Technologieentwicklung bleiben
  8. Aktivitäten in reaktionären Regimen
  9. Soziale/finanzielle Aspekte der Forderungen, Politik für alle Bevölkerungsgruppen

                                         

 

18:00  Beginn der BAG Energiesitzung

Begrüßung, Organisatorisches

 

 

18:15 Bericht aus dem EU-Parlament

Michael Bloss MdEP [www.michaelbloss.eu], Delegierter der Fraktion für BAG Energie [http://www.europarl.europa.eu/meps/de/197449/MICHAEL_BLOSS/home]

Bericht EU-Parlament: Großes Arbeitsprogramm durch Green Deal, Transition Fond 100 Mrd. € teilt sich auf in 7,5 Mrd. € zusätzliches Geld im Haushaltsplan und 70 Mrd. € durch erwartete private Investitionen.

Aktuelle Themen/Schwerpunkte

  1. Ziele 2030 neu fassen (Bild: Komet darf nicht einschlagen) bis zur Sitzung COP26 in Glasgow im November, Aufbau von Druck auf den Schwerpunkt unserer EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 alle Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union zu einem EU-China-Gipfel in Leipzig (September)
  2. Gas- und Industriepolitik, Stahl- und Chemieindustrie hat Investitionsspannen von 10 Jahren
  • Entwicklung Wasserstoff-Pfad
  1. Finanzierung der notwendigen Programme und Projekte

 

 

18:30 Bericht/Austausch zur BDK

Carolin und Ekkehard: 50 Änderungsanträge im Team aufgeteilt, die Anträge wurden größtenteils noch auf der BDK von Freitag-Vormittag bis Sonntag-Vormittag verhandelt. Der Beteiligungsbedarf in den einzelnen BAGen des gemeinsamen Antrags wurde vom BuVo unterschätzt. Zahlreiche ÄAnträge zum CO2-Preis wurden konstruktiv gemeinsam verhandelt, BAG Energie-Vorschlag fand Mehrheit auf der BDK. Drei weitere Abstimmungen zum Antrag im Plenum (Klimaneutralität 2035, Kohleausstieg 2030, EE-Ausbaupfade) gingen verloren, aber die Ziele und die Handlungsfelder wurden dadurch nochmals gut sichtbar.

 

 

19:00 Länderberichte im Format Markplatz

Die Delegierten waren aufgefordert, nach einem einheitlichen Schema die wichtigsten Eckdaten der Aktivitäten in den Bundesländern darzulegen. Gute Beispiele sollen an die LAGen und Fraktionen übertragen werden. Die vorbereiteten Länderberichte wurde an die Wand gehängt. Die Teilnehmer*innen konnten dann die Themen aus den Länderberichte lesen, die sie interessieren und ins Gespräch kommen.

  

 

20:00 TOP Wahlen

Ablauf und Feststellung der Stimmberechtigten

Wahl der Wahlkommission einstimmig angenommen


Beschlussvorlage zur Einsetzung von Arbeitskreisen

  1. Die BAG Energie kann beschließen, für die inhaltliche Bearbeitung bestimmter Themen Arbeitskreise (AK) mit zeitlicher Befristung einzusetzen.
  2. Bei der Einsetzung eines AK wird ein quotiertes Sprechteam gewählt, bestehend aus mindestens zwei Personen (Sprecher*in und Co-Sprecher*in) und höchstens 4 Personen (Co-Sprecher*innen und stellvertretende Sprecher*innen). Das AK-Sprechteam wird bei Fortbestehen des Arbeitskreises im selben Turnus wie das BAG-Sprechteam neu gewählt.
  3. Jeder AK kann sich eine Geschäftsordnung geben, die die Arbeitsweise innerhalb der AK regelt. Die Geschäftsordnung muss mit den grundsätzlichen Prinzipien grüner Parteiarbeit vereinbar sein, insbesondere dem BAGen-Statut und dem Frauen-Statut.
  4. Ein AK kann im Rahmen seiner Arbeit inhaltliche Beschlüsse fassen und diese auch der BAG vorlegen. Das Sprechteam eines AK erstattet im Rahmen der BAG-Sitzungen mindestens einmal jährlich Bericht über die Arbeitsinhalte und eventuelle Beschlussfassungen.

Abstimmung zur Beschlussvorlage Organisation Arbeitskreise einstimmig angenommen


Abstimmung über Wahlprozedere
wird einstimmig angenommen.

 


Zsf: Wahlergebnisse:

  1. Sprecherteam der BAG Energie –
    Carolin Schenuit und Ekkehard Darge

    und Stellvertreter_innen
    Cornelia Grote-Bichoel und Anna Leidreiter
    Philip Hiersemenzel und Simon Müller

  2. AK Atom Koordinator_innen
    Asta von Oppen und Daniel Lübbert
    und Stellvertreter_innen
    Heike Gleißner und Liam Harold

 

  1. AK Energiemarkt Koordinator_innen
    Carolin Schenuit und Philip Hiersemenzel
    und Stellvertreter_innen
    Anna Leidreiter und Thomas Köbinger

 

Samstag, 25. Jan. 2020

 

9:00 -10:00h Fortsetzung TOP Wahlen:  Kooptierte 3 Frauenplätze und 3 offene Plätze

Mit Mehrheit gewählt wurden:

Anett Ludwig, Astrid Schneider, Alexandra Scholz;
Rainer Hinrichs-Rahlwes, Felix Uthoff, Lutz Weischer

 

 

10-13h: TOP Atom


Intro durch Karl-Wilhelm Koch

In Deutschland spürbar: Versuch der Atomlobby auf Laufzeitverlängerungen und neue Reaktorgeneration. Polen will in die Atomenergie einsteigen mit der Begründung Klimaschutz. Laufzeitverlängerung in Frankreich geplant. Atomkraft wird von einigen Ländern verfolgt, um an die Atomwaffen ran zu kommen. Iran ist am weitesten fortgeschritten.

Es gab einen Termin mit dem Bundesvorstand. Robert meint, dass das Thema Atomausstieg durch ist, aber sich um Zwischen- und Endlager niemand mehr von den anderen Parteien kümmern wird – es also unsere Aufgabe wird. Strittig Einschätzung, ob Kernfusion zur Energieerzeugung gebraucht wird. 


Sylivia Kottung-Uhl, MdB:

Das Endlagergesetz ist ein gutes Gesetz. Alles, was danach kommt, wird schlechter. Die Atomkraft-Renaissance in Europa ist Ernst zu nehmen. Die Einschätzung, dass das Atomthema vorbei ist, ist falsch. Beim KIT wird an Thorium-Reaktoren gearbeitet. Es droht auch eine Laufzeitverlängerung in Deutschland. Selbst SPD-Politiker behaupten, dass der gleichzeitige Ausstieg aus Kohle und Atomkraft schwierig ist. Die Atomlobby argumentiert nun sogar mit der Gesundheit, da Kohlekraftwerke sehr gesundheitsschädigend sind. Es gibt eine versuchte Atom-Renaissance in Osteuropa. Es gibt keine EU-verbindliche Sicherheitsanforderung. Bei der Atomlobby ist richtig viel Geld vorhanden.


Jutta Paulus

Thermische Kraftwerke mussten vom Netz wegen Wassermangel. Die Atomlobby macht auch Werbung für Atomkraft in Entwicklungsländern. Polen will keine Atombombe. Aber es ist kein Zufall, dass Ungarn viele neue Atomkraftwerke will. Es gibt den empfehlenswerten World Nuclear Report von Mycle Schneider, der öffentlich zugänglich ist // gutes Nachschlagewerk.


Rebecca Harms

Atomkraftwerke wurden nur in China und Russland neu gebaut. Es gibt keine Atom-Renaissance in der EU. Es gibt nur 3 Atomkraftwerke, die seit Tschernobyl in der EU im Bau sind. Die Fraktion sollte die Zusammenfassung des World Nuclear Status Report ins Deutsche übersetzen, um die Fakten in die deutsche Debatte einzubringen.


Hartwig Berger: Zwischenlager-Papier

Die Endlager-Suche wird länger dauern aufgrund des NIMBY-Prinzips. Aufgrund des Klimawandels werden Gesellschaften in Zukunft weniger handlungsfähig sein als heute. Die Zwischenlager sind gegen Terror nicht geschützt. Die Castoren werden undicht. Beim Zwischenlager in Brunsbüttel ist eine Neugenehmigung erforderlich. Die Aufgabe der Atomsicherheit, ist die Sicherheit der Bevölkerung  zu gewährleisten. Es darf dort kein LNG-Terminal in der Nähe des Zwischenlagers errichtet werden.

Abstimmung: 19 ja, 2 nein, 3 Enthaltung


Karl-Wilhelm Koch: Papier Renaissance der Atomenergie

Den Antrag an den AK Atom zurück delegieren, Änderungswünsche sammeln und vertagen: 19 ja, 14 nein, 3 Enthaltung, Vorschläge und Anregungen siehe Protokoll Werner Weindorf.

  • Ferner substanzielle Änderungsvorschläge schriftlich an AK Atom senden

 

Asta von Oppen: Standortsuche 2020

Siehe auch Präsentation.

Wir haben 40 Jahre Einbahnstraße Gorleben gehabt. Das Endlagergesetz ist ein Kompromiss, es ist kein gutes Gesetz.

Eine Karte von der Anti-AKW-Organisation .ausgestrahlt mit potenziellen Endlagerstandorten wurde gezeigt.

Im Herbst wird es einen Zwischenbericht geben, der eine erste Vorauswahl von Lagerstätten/ Standorten zeigt.

 

13.30h: Neues aus dem Bundestag, Bericht zur aktuellen Klimagesetzgebung, COP25 u.a. mit Dr. Julia Verlinden MdB

Vermittlungsausschuss Klimapaket: Der Bundesrat hat mit dem Bundesländern mit grüner Regierungspolitik steuerpolitische Maßnahmen adressiert. Die Grundsteuer für Windenergie ist vom Tisch. Der Preis für CO2 startet mit 25 €/t in 2021, dafür wird die EEG-Umlage gesenkt. Möglich ist aber auch, dass diese nicht an die Stromverbraucher*innen weitergegeben wird, sondern dass die Stromversorger nur die Rendite erhöhen.

Steuerbonus auch für Energieberatung. Förderung über das BAFA aber vielleicht höher.

Ausbau der erneuerbaren Energien läuft schleppend. CDU hat den Solardeckel in Geiselhaft genommen für die Mindestabstände bei der Windenergie. Im April wird vermutlich der 52-GW-Deckel erreicht. Der 65% EE-Anteil am Stromverbrauch bis 2030 ist gefährdet.

Brennstoffhandelsemissionsgesetz. Akteure werden gegen das Gesetz klagen.

Deutschland wird Strafzahlungen wegen Nichterreichen der Treibhausreduktionsziele 2020 leisten müssen.

Kohleausstiegsgesetz: Nur 24 h Zeit, darauf zu reagieren. Datteln wird genehmigt. Die Dörfer im NRW sind weiterhin nicht gesichert. Die Gas-KWK wird massiv gefördert.

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) kommt demnächst in die erste Lesung. Es ist schlimmer als der Status-Quo. Die 2030-Ziele werden nicht erreicht.

Grüne Anträge zu PV und Wind: Wir Grüne wollen eine Windprämie für Kommunen. Appell: Vor Ort für Windenergie werben. Es kann nicht angehen, dass die Genehmigung eines Windparks 5 bis 10 Jahre dauert. Es ist teilweise von Behörden politisch gewollt, dass das so lange dauert.

14h Themenfeld Erdgas

Themen unter anderem: Standards für Fördermethoden, Methanschlupf.

 

Jutta Paulus MdEP,

Die Senkung der EEG-Umlage macht aus dem EEG eine Beihilfe.

Die EU hat ihren Klimaplan noch nicht eingereicht, genauso wie einige Staaten wie Deutschland.

Erdgas wird von einigen Leuten in der EU-Kommission massiv gepuscht. Europäisches Gasnetz reicht aus. Leider wird die Gasinfrastruktur massiv ausgebaut. Das Gasnetz ist dann überdimensioniert. EU-Kommission gibt zu, dass man das Thema CH4-Emissionen im Auge behalten muss.

Dezember: Bewertung von Finanzprodukten bezüglich Nachhaltigkeit. Kohle ist ausgeschlossen. Atomenergie ist defakto ausgeschlossen. Erdgas ist nicht explizit ausgeschlossen, es gibt aber einen Grenzwert von 100 g/kWh. Es ist geplant, Wasserstoff aus fossilem Erdgas zu erzeugen.

 

Dr. Julia Verlinden MdB,

Die Bundestagsfraktion hat die Studie „Neue Gaswelt“ erstellen lassen. Ergebnis der Studie ist, dass weniger gasförmige Produkte genutzt werden als heute. Wir Grüne wollen, dass es erneuerbare Gase sind (Biogas, PtH2, PtCH4). Wir wollen die Energieeffizienz steigern, damit der Erdgasverbrauch sinkt. Synthetische Gase auch im Verkehrssektor. Aber wir müssen versuchen, Strom möglichst direkt zu nutzen. Den Grünen wird vorgeworfen, dass sie einen Gasausstieg wollen. Nein, wir wollen aus dem fossilen Gas aussteigen.

Kohle-KWK wollen wir nicht 1:1 durch Gas-KWK ersetzen. Der CO2-Preis hilft, die Kosten-Differenz zwischen synthetischen Gas und fossilen Gas zu reduzieren.

Weltweit sind die Methan-Leckagen höher als der Erdgasverbrauch in Deutschland. 50% der Gasleckagen könnten wirtschaftlich vermieden werden.

Die unterschiedlichen Studien unterscheiden sich beim Umfang des Imports an synthetischen Gasen.

Förderung von Heizungssanierung und Wärmedämmung.

 

Norbert Azuma-Dicke (Zukunft Erdgas)

Siehe auch Präsentation.

Erdgas ist fossil. Es gibt Methanemissionen, die etwa zu 5 % der gesamten Treibhausgasemissionen in Deutschland beitragen. Der Abstand zur Steinkohle bei den Treibhausgasemissionen über die Gesamtkette ist trotzdem groß.  Eine Fackel lässt auch viel Methan durch.  Erdgas 2050 nur noch stofflich in der Industrie. Erdgasheizung nur in Kombination mit Solartherme. Das Gasheizkraftwerk in Kiel hat einen großen Wärmespeicher, damit es abgeschaltet werden kann, wenn viel erneuerbarer Strom eingespeist wird.

 

Constantin Zerger (Deutsche Umwelthilfe)

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) beschäftigt sich nun auch mit Erdgas. Lange wurde auch von der DUH Erdgas als Brücke betrachtet. Heute müssen wir vom fossilen Gas weg.

Die Debatte um erneuerbare Gase ist eine Falle. Wir haben einen weiten Weg, bis wir erneuerbare Gase in größerem Umfang produzieren können. Wir sind auch technisch nicht so weit. Beim Schwerlastverkehr und in der Industrie werden wir erneuerbare Gase brauchen.

Neue fossile Infrastruktur zu fördern, geht gar nicht. Die LNG-Projekte würden zu einem Import von 50 Mio. t CO2 führen. Nordstream II ist auch abzulehnen. „Blauer Wasserstoff“ ist kritisch zu betrachten („Blauer Wasserstoff“ bedeutet Wasserstoff über Erdgas mit CCS). „Blauer Wasserstoff“ ist nicht erneuerbar.

Import erneuerbarem Wasserstoffs: Die Länder müssen sich erst selbst dekarbonisieren. Kosten und Preise sind zu unterscheiden. Geopolitische Einflüsse sind zu beachten. Methan-Leckagen sind zu minimieren.  Klare Position der Grünen gegen LNG-Terminals gefordert.

 

Andy Gheorghiu (Food and Water Europe)

Food and Water Europe sitzt in Brüssel, Hauptsitz Washington.

Wir haben in Deutschland kein komplettes Fracking-Verbot. In Niedersachsen wird weiter Fracking durchgeführt.

Das UBA verwendet für die Berechnung der CO2-Äquivalente die Angaben des IPCC von 2007 (4th Assessment Report) für einen Betrachtungszeitraum von 100 Jahren (25 g CO2-Äquivalen/g). Bei 20 Jahren ist der Wert viel höher. Es gibt kein Monitoring der CH4-Emissionen in Deutschland. Die Investition in neue fossile Infrastruktur muss sofort aufhören. Das gilt für die LNG-Terminals und Nordstream II. Die vorhandene Gasinfrastruktur reicht vollkommen aus. Wir müssen sie vielleicht sogar zurückfahren.

Es wird auch massiv in petrochemischen Anlagen investiert, die Plastik produzieren. Wir müssen aber Plastik reduzieren. Es entsteht eine Finanzblase aufgrund der Investition in fossile Infrastruktur.

Dank der Aktivitäten des DUH werden die LNG-Terminals in Schleswig-Holstein jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gebaut.

 

Luca, Sprecher der LAG Energie in Schleswig-Holstein

Siehe Präsentation.

Kimaschädlichkeit von Methan, CO2-Äquivalente: 100 Jahre als Konvention, 20 Jahre, um bestimmte Effekte zu sehen. 100 Jahre ist zu lang. Feedback-Kaskade, Kipppunkte reversibel?

USA: Messungen währende des Überfliegens von Erdgasfeldern mit einem Flugzeug ergaben eine viel höhere CH4-Konzentration als die Behörden angegeben. Erdgas-Autos vertragen nur geringe Anteile von Wasserstoff.

 

Podiumsdiskussion

Andy: LNG-Terminals basieren auf einer Abmachung zwischen USA und Deutschland. Autos aus Deutschland gegen Erdgas aus den USA. Wir sollten als Europa einen eigenen Weg gehen.

Julia: Norwegen könnte Wasserstoff auch aus Ökostrom machen statt aus Erdgas mit CCS. In Niedersachsen wird Erdgas über Fracking gefördert. Ein ordnungsrechtlicher Rahmen ist erforderlich, bis Gas erneuerbar produziert wird. Eine Möglichkeit wären Quoten für Betreiber von Erdgaskraftwerken, einen bestimmten Anteil erneuerbares Gas zu nutzen. Erdgasheizkraftwerke sollen der Flexibilisierung dienen, nicht ausschließlich der Wärmeversorgung. Eine Förderung für Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) soll es nur geben, wenn erneuerbares Gas eingesetzt wird.

Luca: Es gibt keine Verträge für grünes Gas. Man begründet den Aufbau fossiler Infrastruktur mit grünem Gas. Marokko ist eine Monarchie. Es gibt Konflikte in der Westsahara. Synthetisches Methan braucht CO2. Man braucht Direct Air Capture (CO2-Abtrennung aus der Luft). CO2 aus Anlagen abzuweigen, die fossile Brennstoffe verwenden, ist nicht zielführend. Wasserstoff aus PV braucht einen Bruchteil der Fläche im Vergleich zu Methan aus Biogas über Energiepflanzen. Ein Anreizsystem für grünes Gas ist erforderlich. Wir müssten das Erdgasnetz für Wasserstoff tauglich machen. Auch Gaskraftwerke sollten „H2-ready“ werden. Die Bindung von Wasserstoff in einem „Liquid Organic Hydrogen Carrier“ (LOHC) wäre vielleicht ein Option.

Constantin: Warum kontert die deutsche Industrie den blauen Wasserstoff nicht mit Power-to-H2? Die USA-Botschaft hat bei der DUH angerufen und versuchte, zu erklären, dass LNG aus den USA klimafreundlicher ist als russisches Erdgas. In Russland wandern Gegner der fossilen Energie ins Gefängnis. So wenig neue Erdgas-KWK wie möglich. Kraftwerke, die schon da sind, sollen nur noch wenige 100 Stunden im Jahr laufen. Es ist schwer erträglich, dass grün regierte Länder öffentliche Gelder für fossile Infrastruktur stecken.

Jutta: Die Erdgasverflüssigung führt zu einem hohen Energieaufwand für LNG. Erneuerbares Gas wird am Anfang vielleicht nur bilanziell verkauft. Erneuerbare Energien sind inzwischen sehr kostengünstig, viel kostengünstiger als Strom aus fossilen und nuklearen Brennstoffen. In Spanien gibt es auch viele Flächen. Wir müssen somit nicht unbedingt nach Saudi-Arabien gehen.

Norbert Azuma-Dicke: Vorstellbar wäre eine Partnerschaft von Ländern, die erneuerbare Gas exportieren und Ländern, die erneuerbare Gas importieren. Ohne Förderung ist KWK nicht wirtschaftlich. Beim Gebäudeenergiegesetz sollt man den CO2-Gehalt der Brennstoffe berücksichtigen. Man kann Inverkehrbringer von Gas zu Treibhausgas-Minderungsquoten verpflichten.

 

Offene Diskussion

Es gibt eine im Auftrag von Hans-Josef Fell vor vielen Jahren erstellte Studie für Biomethanpotenziale entlang der Erdgasleitungen.

Julia: Eine Flexibilisierung von Biogasanlagen ist erforderlich. Wir wollen Biogasanlagen mit doppelte Leistung, aber halbe Jahresvollbenutzungsdauer, so dass sie flexibel eingesetzt werden können. Der Gasverbrauch muss so weit wie möglich reduziert werden. 

Luca: Die Einsparung an Treibhausgasemissionen ist bei Dual-Fuel-Motoren nicht so groß.

Heutige Biogasanlagen sind ökologisch eine Katastrophe. Wir wollen eine ökologische Landwirtschaft. Bei der ökologische Landwirtschaft fällt keine Gülle, sondern Mist an1. Die Nachhaltigkeit ist vor allem bei Biogas zu beachten.

Fracking-Gas aus USA weist hohe Treibhausgasemissionen auf. Die Treibhausgasemissionen aus der Kraftstoffproduktion sollen nach einer EU-Richtlinie reduziert werden. Die entsprechende EU-Richtlinie wurde aber stark verwässert. Leider macht die EU-Kommission nicht immer das, was wir als Grüne wollen.

Es wird schon sehr viel in die Gasinfrastruktur investiert. Es gibt viele Firmen, deren Interesse es ist, dass alles so bleibt wie es ist. Die Frage ist, welches Geschäftsmodell diese Firmen in Zukunft haben sollen.

Es wurde behauptet, dass bei der CH4-Pyrolyse anfallender Kohlenstoff potenziell als Bodenverbesserungsmittel eingesetzt werden kann. Hinweis: Die CH4-Pyrolyse produziert sehr feinen Kohlenstoff (Nanopartikel). Nanopartikel will niemand im Boden oder auf dem Acker haben und auf den geernteten Lebensmitteln auch nicht.

Der Energieverbrauch der CH4-Pyrolyse beträgt etwa 1,7 kWh CH4 pro kWh Wasserstoff plus 0,35 kWh Strom pro kWh Wasserstoff (wenn die Wärmezufuhr elektrisch erfolgt) was einem Wirkungsgrad von etwa 44% entspricht.

 

 

17.30h Klima-Burnout

Strategien für den persönlichen Umgang mit dem Klimawandel, mit Prof. Dr. med. Uwe Gonther

Wir haben es hier mit einer Verbindung von ökologischen und sozialen Positionen zu tun. Diese Fragen bekommt Uwe auch häufig von seinen Patienten und Patientinnen.

Wir sehen zum einen die direkten Folgen der Klimaerwärmung, aber auch einen Anstieg der Aggressivität. Es kommt häufig zu posttraumatische Störungen nach Naturkatastrophen, deren Zahl und Intensität durch den Klimawandel steigt. Es gibt zunehmende Verteilungskonflikte wie zum Beispiel um Wasser. Dazu kommt noch die Angst von Menschen, die bisher noch nicht betroffen sind.

Dann gibt es noch die Leugnung des Klimawandels. Die Phase ist aber zum großen Teil vorüber mit Ausnahme einiger Irrer. Fridays for Future hat viel erreicht. Nun gibt es eine Verdrängung zweiter Kategorie. Es gibt die Position „Wenn der Klimawandel eh schon da ist, braucht man ja nichts mehr tun“.

Klima-Burnout: Bei vielen Menschen, die an Lösungen arbeiten, macht sich Verzweiflung breit. Hoffnung braucht man, wenn die Bedrohung groß ist. Greta-Krise. Die Krise kann dazu führen, dass man mehr handelt. Bivalenzen muss man aushalten. Besserwisserei versus liebevoller Umgang. Es braucht Unterstützung von engagierten Menschen (wie z.B. die Menschen, die Bagger besetzen).

Wer Depressionen aufgrund der Klimakrise spürt, sollte darüber reden. Es gibt Menschen mit Klimaleugnungs-Psychosen.

Vertraulicher Austausch untereinander ergab, dass viele Ähnliches erleben oder empfinden. Gegenseitige Bestärkungen zum Weitermachen u.a.m.

 

 

 

Sonntag, 26. Januar 2020

 

Grundsatzprogramm

 

Antragsteller: Matthias Seelmann-Eggebert, Christian Meyer, Jörg Dengler

„Dem Ausbau erneuerbarer Energien kommt beim Klimaschutz eine zentrale Rolle zu. Der Vorrang erneuerbaren Stroms bei der Einspeisung in Elektrizitätsnetz muss jederzeit überall gewährleistet sein. Deshalb setzen wir uns für eine nachhaltige Neuordnung des Strommarktes ein, die sicherstellt, dass zu jedem Zeitpunkt die Gesamtmenge erneuerbar erzeugten Stromes vollständig genutzt wird und die konventionelle Stromerzeugung den verbleibenden Bedarf deckt. Terminmarktkontrakte für konventionell erzeugten Strom werden anteilig gekürzt. Erneuerbarer Strom wird dabei zu den gleichen Preisen wie konventionell erzeugter gehandelt, entsprechend der Preisbildung am Terminmarkt für konventionell erzeugte Stromkontingente“

 

Diskussion:

Für ein Grundsatzprogramm ist der Antrag zu detailliert. Begriffe wie Terminmarkt werden von den meisten Menschen nicht verstanden.

 

Der Betreiber des konventionellen Kraftwerks würde bei Umsetzung des Vorschlags im Antrag sein Kraftwerk durchlaufen lassen, statt erneuerbarem Strom zu kaufen. Es wäre nichts gewonnen.

 

Änderungsvorschlag:

„Dem Ausbau erneuerbarer Energien kommt beim Klimaschutz eine zentrale Rolle zu. Der Vorrang erneuerbarem Stroms bei der Einspeisung in das Elektrizitätsnetz muss zu jeder Zeit ..gewährleistet sein..weitestgehend genutzt.“

 

Abstimmung: Mit Mehrheit abgelehnt

 

 

Antragsteller: Torsten Becherer, Philip Hiersemenzel

„Der größte Hebel: Kopplung der Sektoren & Industrie

 

Die Sektoren

  • Energiewirtschaft
  • Industrie
  • Verkehr
  • Gewerbe, Handel, Dienstleistungen
  • Private Haushalte

sind eng gekoppelt. Gekoppelt verursacht die Industrie (direkt und indirekt) den größten Teil der Treibhausgas-Emissionen in Deutschland. Die Industrie und die Sektorkopplung haben somit den größten Einfluss. Ausreichende Maßnahmen müssen hier ansetzen, sonst laufen wir Gefahr unsere Ziele zu verfehlen. Um schnell und effizient klimaneutral zu werden:

  1. Nehmen wir die Industrie in die Verantwortung
  2. Nutzen wir die Kopplung der Sektoren effizient

 

Dekarbonisierung -> Wettbewerbsfähige Industrie

 

Eine dekarbonisierte Industrie wird wettbewerbsfähiger sein als heute. Eine deutsche Industrie, deren Klimaneutralität ein internationaler Wettbewerbsvorteil ist, und die nicht mehr abhängig ist von volatilen Energiequellen, sichert ihre Zukunft. Dafür setzen wir uns ein.

 

Wir gehen auf die energieintensiven Industrien zu, um gemeinsame Maßnahmen zur Dekarbonisierung zu beraten und umzusetzen.

 

Die energieintensiven Industrien (Stahl, Zement, Chemie, Papier, Aluminium, Glas, sowie vermutlich zukünftig die IT) verursachen direkt und indirekt (z.B. Strom & Transport) den größten Teil der Treibhausgas Emissionen.

Wir erkennen, dass die Industrien sich ihrer Verantwortung bewusst sind und teilweise bereits an Lösungen zur Dekarbonisierung (z.B. sehr aktiv die Stahlindustrie) arbeiten.

 

Sektorkopplung

 

In einem im Wesentlichen auf Sonnen- und Windenergie basierenden, dezentral-erneuerbaren Energiesystem muss die saubere Energie effizient integriert werden. Erneuerbare Erzeugungsspitzen können gespeichert und in andere Sektoren gekoppelt werden.

Die Sektorkopplung lässt sich intelligent nutzen. Der Energiebedarf ist sowohl in Strom, in Wärme und Verkehr steuerbar. Das wollen wir nutzen.

 

Die Möglichkeiten zur Flexibilisierung des Bedarfs sind in der Industrie in allen Sektoren immens. Deshalb beseitigen wir Hindernisse und schaffen Anreize für die Industrie ihren Verbrauch flexibel zu regeln.

 

Auch komplette Prozessumrüstungen sind notwendig, damit die hohen Emissionsreduktionen erreicht werden können. Diese unterstützen wir mit gezielter Maßnahmenförderung und weiterer energischer Forschungsförderung. Besonders wichtig sind die Industrieprozesse, die nur durch grüne Gase und Flüssigkraftstoffe dekarbonisiert wer-den können.

Die Speicherung von Energie und die Umwandlung von Strom in synthetische Gase oder Flüssigkraftstoffe (Power-to-X) ist nur dann sinnvoll, wenn genügend erneuerbare Kapazitäten vorhanden sind.

 

Wir sorgen dafür, dass der Ausbau von Power-to-X-Kapazitäten und EE-Erzeugungsanlagen in Deutschland auf einem CO2-optimierten Weg erfolgt und kein fossiler Strom dafür genutzt wird. Wir wollen wir die weitere Technologie- und Marktentwicklung unterstützen und gezielt fördern.

 

Die Sektorenkopplung ermöglicht außerdem die dezentrale Integration erneuerbarer Energiespitzen und gleichzeitig die Versorgung aus erneuerbaren Energiequellen“.

 

Diskussion

Der Wärmesektor hat ein größeres Lastverlagerungspotenzial als andere Sektoren.

Die „Flughöhe“ des Antrags ist für Grundsatzprogramm zu hoch. Man müsste ihn erheblich kürzer fassen.

 

Eine überarbeitete Fassung wurde erstellt:

„Der Energieverbrauch in Deutschland gliedert sich in verschiedene Sektoren: Strom, Wärme, Verkehr und Industrieprozesse. In einem im Wesentlichen auf Sonnen- und Windenergie basierenden, dezentral-erneuerbarem Energiesystem bringt die Kopplung der Energiesektoren zwei fundamentale Vorteile. Dekarbonasierung über das Stromsystem hinaus und effiziente Systemintegration erneuerbarer Energien. Durch die großen und flexiblen Energiebedarf in Wärme (50%) und Industrie (30%) bestehen…“

 

Diskussion:

Landwirtschaft einbeziehen (nicht übernommen).

Abstimmung des Antrags: einstimmig angenommen.

 

Antragsteller*innen: AK Atom

„Wir stehen zu den Grünen Wurzeln der Anti-Atombewegung. Die nuklearen Großrisiken stellen die Fortexistenz der menschlichen Zivilisation in Frage und gefährden die Lebenswelten unseres Planeten insgesamt.

Wir kämpfen für die bedingungslose, vollständige und weltweite Abrüstung aller nuklearen Waffen und für eine strikte völkerrechtliche Ächtung dieser, wie es heute schon für die biologischen und chemischen Waffen der Massenvernichtung selbstverständlich ist.

 

Auch nach einer erfolgreich durchgesetzten Abschaltung aller Atomkraftwerke in Deutschland bleiben umfangreiche Aufgaben zurück.

  • Wir stellen uns der großen Herausforderung einer verantwortungsvollen Endlagersuche im eigenen Land mit höchstmöglichsten Sicherheitsstandards, wobei die Mitwirkung der Bevölkerung auf Augenhöhe und volle Transparenz eine wesentliche Voraussetzung ist.
  • Bei der noch Jahrzehnte andauernden Zwischenlagerung hoch-radioaktiver Abfälle müssen die Anlagen, bei Mitwirkung der betroffenen Bevölkerung, auf den jeweils höchsten Sicherheitsstandard gebracht werden.
  • Produktion und Anreicherung von nuklearem Brennstoff und Forschung zur energetischen Nutzung der Atomkraft darf es in Deutschland nicht geben.
  • Beim Rückbau der Atomkraftwerke sind höchste Sicherheitsstandards einzuhalten.
  • Geld- und Zeitmangel dürfen weder die Sicherheit, die Transparenz noch die dringend notwendigen Beteiligungsformate einschränken.
  • Am Ausstieg aus der Atomkraftnutzung halten wir uneingeschränkt fest und wollen ihn im Grundgesetz verankern.
  • Die Option einer energietechnischen Verwendung der Kernfusion wird, wenn überhaupt, vor Mitte des Jahrhunderts nicht wirtschaftlich verfügbar sein. Sie käme damit zu spät, um für die Bewältigung der gegenwärtigen Klimakrise in Betracht zu kommen. Die Energiewende muss bis 2035 geschafft sein.
  • Forschung und Ausbildung im Bereich Rückbau, Zwischen- und Endlagerung muss gezielt gefördert werden.

 

Wir stellen fest: Jegliche „zivile“ Nutzung der Atomenergie öffnet immer den Weg zur militärischen Nutzung. Um Einsatz und Erpressung mit Atomwaffen auszuschließen, bleibt nur der weltweite Ausstieg.

Grüne Politik setzt sich aktiv für die Abschaltung sämtlicher Atomkraftwerke in der Europäischen Union und insbesondere in unseren Nachbarländern ein. Die EU schleppt mit dem Euratom-Vertrag noch immer einen Geburtsfehler mit. Jede Förderung der Atomkraftnutzung ist obsolet, eine gemeinschaftliche Regelung muss sich auf die Fragen der Sicherheit und der Entsorgung beschränken.

Die Menschheit kann die Energie, die sie braucht, weit zuverlässiger, risikoärmer, ökonomischer und Bürger*innenfreundlich aus erneuerbaren Energieträgern wie Sonne, Wind, Wasser-kraft, Meeresströmungen und Erdwärme gewinnen“.

 

Diskussionen

Es besteht die Gefahr, dass mache meinen, dass dort auch medizinische Anwendungen betroffen sind.

„Verbot“ statt „Ächtung“

Die Industrie in Deutschland sollte kein AKW-Technik exportieren dürfen.

Forschung zur „sauberen“ Entsorgung von Atommüll. „Ächtung“ klingt besser als Verbot.

 

Abstimmung: Antrag einstimmig angenommen.

 

 

Antragsteller*innen: Lutz Weischer, Friedemann Dau, Lena Plambeck, Rainer Hinrichs-Rahlwes, Janis Prinz

„Treibhausgasfreiheit statt Treibhausgasneutralität

 

Planetare Grenzen in der Klimapolitik ernstnehmen: 1,5°C ist das Ziel

 

Im Zwischenbericht zum Grundsatzprogramm ist richtigerweise folgender Anspruch formuliert:

„Das Wissen um die planetaren Grenzen ist Leitlinie unserer Politik. Denn wenn wir durch unser Handeln die ökologischen Belastungsgrenzen in Bereichen wie Artenvielfalt, Klimaerhitzung oder Meeresversauerung überschreiten, sind die Stabilität unseres Ökosystems und die Lebensgrundlagen der Menschen gefährdet. Alle politischen Entscheidungen müssen daran gemessen werden, ob ihre Folgen mit der Einhaltung der planetaren Grenzen vereinbar sind.“

 

Aber was bedeutet dieser Maßstab für die Klimapolitik – angesichts der Tatsache, dass wir bei Klimakrise eine planetare Grenze bereits überschritten haben? Dazu muss das Grundsatzprogramm deutlichere Aussagen treffen.

Die Wissenschaftler*innen, die das Konzept der planetaren Grenzen  entwickelt haben, sagen: Seit die CO2-Konzentration in der Atmosphäre 350 ppm (parts per million) überschritten hat (der Jahresmittelwert 2018 lag bereits bei 407 ppm), haben wir eine planetare Grenze überschritten und befinden uns in der „gelben“ Zone der Unsicherheit mit zunehmenden Risiken. Unbedingt vermeiden müssen wir ein Eintreten in die „rote“ Zone der hohen Risiken, in der das Erdsystem an irreversible Kipppunkte gelangt, die zu einer sich selbst verstärkenden, unkontrollierbaren Erderhitzung führen würden.

 

Im Pariser Klimaabkommen 2015 haben sich die Staaten völkerrechtlich dazu verpflichtet, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2° C zu begrenzen und Anstrengungen für eine Begrenzung auf 1,5° C  zu unternehmen. Der Sonderbericht des Weltklimarats (IPCC) 2018 hat gezeigt, dass mehrere Kipppunkte bereits bei einer Erwärmung um die 2° C drohen und eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5°C viele dieser Risiken verringern könnte. 

 

Eine Orientierung an den planetaren Grenzen muss für grüne Politik deshalb mindestens eine Orientierung der Klimaschutzmaßnahmen am 1,5-Grad-Limit bedeuten – mit der Möglichkeit, diese Maßnahmen weiter zu verschärfen, falls neue wissenschaftliche Erkenntnisse dies erforderlich machen sollten.

 

Treibhausgase nur reduzieren reicht nicht, wir müssen Null erreichen

Um den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur zu stoppen, muss der Anstieg der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre gestoppt werden. Das heißt: Wir dürfen nur noch eine begrenzte Menge an CO2 (das verbleibende CO2s-Budget) in die Atmosphäre entlassen und müssen schnell die CO2-Emissionen auf Null zurückführen, auch die Emissionen anderer Treibhausgase müssen drastisch sinken. Dieser Zusammenhang gilt für alle Begrenzungen des Temperaturanstiegs – egal ob auf 1, 5, 2, 3 oder mehr Grad. Auch völkerrechtlich ist dies in Artikel 4.1 des Pariser Klimaabkommens verankert, der das Ziel formuliert, ein Gleichgewicht zwischen Treibhausgasemissionen in die und Treibhausgasentnahmen aus der Atmosphäre zu erreichen – also Netto-Null-Treibhausgasemissionen.  Für eine Begrenzung auf 1,5 Grad müssen laut IPCC die globalen CO2-Emissionen sehr schnell reduziert werden, bis 2030 um die Hälfte, und dann zwischen 2045 und 2055 netto Null erreichen.  Eine schnellere Absenkung erhöht hierbei die Wahrscheinlichkeit, 1,5 °C nicht zu überschreiten.

 

Der IPCC berechnet nur globale Budgets, nicht ihre Verteilung auf einzelne Staaten. Berücksichtigt man die hohen historischen und aktuellen Pro-Kopf-Emissionen sowie die hohe wirtschaftliche und technologische Leistungsfähigkeit Deutschlands, ist klar, dass Deutschland wie auch andere Industrieländer aus Gründen der Klimagerechtigkeit schneller reduzieren und früher CO2-Emissionsfreiheit erreichen muss, als die Welt insgesamt.  Wenn man historische Emissionen berücksichtigt und ein starkes Gerechtigkeitsverständnis anlegt, hätten Deutschlands  Emissionen bereits vor Jahren Null erreichen müssen. Nach anderen Berechnungsweisen würden Nullemissionen etwa um 2030 noch einem 1,5°C-kompatiblen Pfad für Deutschland entsprechen.  Seiner historischen Verantwortung muss Deutschland zusätzlich auch durch erhöhte finanzielle Hilfen für Klimaschutz in Ländern des globalen Südens gerecht werden. Wenn Deutschland 2035 Netto-Null-Emissionen erreicht – aus unserer Sicht der späteste Zeitpunkt, der noch mit den planetaren Grenzen kompatibel ist – muss es entsprechend mehr Unterstützung für Klimaschutz in anderen Ländern leisten, die dann ihr CO2-Budget nicht ausschöpfen müssten, so dass insgesamt das globale Budget ein-gehalten werden kann.

Die durch Menschen verursachten Treibhausgas-Emissionen müssen weltweit so weit wie möglich reduziert und alle dann noch verbleibenden Emissionen durch natürliche und künstliche Senken (Negativemissionen) wieder aus der Atmosphäre entfernt werden. Damit wäre die Menschheit klimaneutral und die globale Temperatur würde sich stabilisieren (so-fern nicht bereits Kipppunkte ausgelöst wurden, die zu sich selbst verstärkender Erhitzung führen). Dabei gilt: Je länger es dauert, bis die Emissionen sinken, desto höhere Negativemissionen (also mehr CO2-Entnahme) wären zum Ausgleich erforderlich.

 

Entscheidend für die Begrenzung der Klimakrise ist, dass die Netto-Emissionen auf Null reduziert werden müssen – je schneller, desto besser. Für Deutschland sind Netto-Nullemissionen 2035 aus Sicht der Achtung der planetaren Grenzen und der Klimagerechtigkeit der späteste akzeptable Zeitpunkt. Dazu sollte sich das Grundsatzprogramm bekennen, denn der dafür nötige tiefgreifenden gesellschaftliche und wirtschaftliche Wandel wird in den etwa 15 Jahren zu organisieren sein, in denen das Grundsatzprogramm grüne Politik leiten soll. 

Vorsicht vor allzu großer Hoffnung in Negativemissionen

 

Im Modell kann man fortgesetzte Emissionen mit „Negativemissionen“ verrechnen, aber in der Realität sind daran Zweifel angebracht. Denn das Potential an akzeptablen und realistisch verfügbaren Negativemissionen ist sehr begrenzt.

Es werden verschiedene Wege diskutiert, Negativemissionen zu erreichen oder auf anderem Wege die Erwärmung trotz erhöhter Treibhausgaskonzentration einzuschränken. Solche Geoegineering-Ansätze werden meist in zwei Gruppen eingeteilt: Ansätze, die den Strahlungshaushalt beeinflussen (Solar Radiation Management – SRM) oder solche, die der Atmosphäre Kohlendioxid entziehen (Carbon Dioxide Removal – CDR).

 

Für uns Grüne ist klar: Wir lehnen jegliche Ansätze des Solar Radiation Management ab – hierbei handelt es sich um nicht erprobte Technologien, deren Risiken nicht abschätzbar sind und die auch zu kriegerischen Zwecken zu missbrauchen wären. Carbon Dioxide Removal lehnen wir nicht grundsätzlich ab, aber wir prüfen jeden Ansatz des CDR auf Grundlage unserer Werte. Neben den im Zwischenbericht zum Grundsatzprogramm genannten (Vorsorgeprinzip und Prinzip der Umkehrbarkeit) gehören dazu: Achtung der Menschenrechte, Ernährungssicherheit, Ausschluss von anderen inakzeptablen ökologischen oder sozialen Risiken. Folgendes ist für die einzelnen Ansätze zu bedenken:

 

  • NACHHALTIGE LANDNUTZUNG: Gut geeignet und ökologisch, sozial und wirtschaftlich nachhaltig sind Maßnahmen einer nachhaltigen Landnutzung, wie bodenschonende und humusmehrende Landbewirtschaftung, Moorschutz und -renaturierung, Grünlanderhalt und Wiederaufforstung.
  • AUFFORSTUNGEN: Aufforstungen sind eine Strategie, um CO2-Senken zu schaffen. Aufforstungen können wir aber nur unterstützen, wenn es sich um naturnahe Wälder handelt, nicht um Holzplantagen mit negativen Auswirkungen auf die Biodiversität. Auch muss sichergestellt werden, dass insbesondere im globalen Süden Indigene oder Kleinbäuer*innen für Aufforstungsprojekte nicht von ihrem Land vertrieben werden.
  • (BE)CCS und (BE)CCU – Bei “Carbon Capture and Storage” bzw. “Carbon Capture and Utilization” wird CO2 aus den Abgasen von Kraftwerken oder Industrieprozessen ab-geschieden und dann in geologischen Formationen oder festen Karbonaten eingelagert (CCS) oder für andere Produkte verwendet (CCU). Bei CCS bestehen Risiken durch die unterirdische Speicherung von CO2, je nach Standort zum Beispiel Versauerung des Grundwassers oder Auslösung seismischer Aktivitäten. CCU hingegen könnte für schwer vermeidbare Emissionen aus der Industrie interessant sein und die dabei entstehenden Produkte (z.B. Carbonfasern) andere emissionsintensive Stoffe (z.B. Stahl) ersetzen. Bislang sind allerdings weder CCS noch CCU wirtschaftlich zu betreiben und würden weiterer Forschung bedürfen. Weil dabei kein bereits in der Atmosphäre vorhandenes CO2 entnommen wird, handelt es sich nicht im eigentlichen Sinne um Negativemissionstechnologien. Es ist aber denkbar, CCS oder CCU mit Bioenergie zu kombinieren (BECCS bzw. BECCU), d.h. Biomasse anzubauen, zur Energiegewinnung zu verbrennen und die entstehenden CO2-Emissionen einzulagern bzw. zu nutzen. Neben den bekannten Risiken von CCS kommen hier weitere Risiken dazu durch Flächenkonkurrenz zum Anbau von Nahrungsmitteln und negative Auswirkungen von Biomasse-Plantagen auf Ökosysteme, Wasserhaushalt und Boden- und Wasserqualität. BECCS ist daher sehr kritisch zu sehen und wird auf keinen Fall in dem Ausmaß angewendet werden können, wie es in vielen Klimaszenarien eingerechnet wird.
  • DIRECT AIR CAPTURE – Es wird daran geforscht, CO2 direkt aus der Luft zu entnehmen. Dies würden wir befürworten, muss sich aber noch bewähren und ist noch sehr teuer. Es muss dann einen Verwendung für das CO2 gefunden werden, sonst stellen sich dieselben Risiken bei der Einlagerung wie bei CCS.ANDERE CDR-MAßNAHMEN WIE OZEANDÜNGUNG: Das Umweltbundesamt warnt davor, , auf zum Teil unerforschte und unerprobte CO2-Entnahmetechnologien und anschließende Speicherung zu setzen. Nach dem heutigen Wissensstand bergen die meisten CO2-Entnahmetechnologien Risiken für Umwelt und nachhaltige Entwicklung: Bei der Düngung von Ozeanen etwa, um CO2-bindende Algen zu fördern, könnten die Meeresökosysteme durch Überdüngung geschädigt werden.

Eine ausreichende finanzierte Forschung an CDR-Ansätzen…Allen diskutierten Ansätze für Negativemissionen ist eins gemein: Sie bergen Risiken für Mensch und Umwelt. Daher müssen wir sorgfältig abwägen, ob solche Ansätze zum Einsatz kommen sollen; dafür müssen wir sie an Kriterien messen, die sich aus unseren Grünen Werten ableiten. Viele dieser Ansätze sind noch nicht erprobt und es bleibt unklar, wann und in welchem Umfang sie zum Einsatz kommen könnten.

 

CO2-Freiheit, um Bedarf an Negativemissionen so niedrig wie möglich zu halten

 

Im Zwischenbericht zum Grundsatzprogramm ist formuliert:

„Die ökologischen Krisen zu bewältigen, ist eine so drängende Aufgabe, dass keine Lösung von vornherein ausgeschlossen werden darf. (…) Gleichzeitig entbindet die Dringlichkeit der öko-logischen Krisen uns nicht davon, genau hinzuschauen und mögliche Risiken und Konsequenzen im Blick zu haben (…). Wir werden alle Optionen am Vorsorgeprinzip und dem Prinzip der Umkehrbarkeit messen: Was kurzfristig hilfreich erscheint, ist untauglich, wenn es in der Folge neue Probleme schafft.”

 

Folglich lehnen wir als Leitlinie für unsere Politik Ansätze ab, die darauf spekulieren, dass zu viel emittierte Treibhausgase in der Zukunft durch negative Emissionen zurückgeholt wer-den können. Solche Overshoot-Szenarien gehen davon aus, dass das Treibhausgasbudget und das Temperaturziel zeitweise überschritten werden, dann aber bis Ende des Jahrhunderts durch Negativemissionen zurückgeführt werden. Das ist fahrlässig, weil erstens die meisten „Negativemissions-Technologien“ bislang nicht zur Verfügung stehen und zweitens dann möglicherweise Kipppunkte bereits überschritten und katastrophale Konsequenzen bereits eingetreten sind. Diese können nicht einfach rückgängig gemacht werden, indem Treibhausgase wieder aus der Atmosphäre entnommen werden.

 

Selbst die IPCC-Szenarien, die auf Overshoot verzichten und lediglich natürliche Negativemissionen (in erster Linie Wiederaufforstung) zulassen, zeigen in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts im globalen Saldo leicht negative Emissionen. Dazu muss Deutschland mit Netto-Negativemissionen beitragen. Das ist ein weiterer Grund, dieses Potential nicht zur Aufrechnung gegen fortgesetzte fossile Emissionen zu nutzen – sondern die CO2-Emissionen tatsächlich auf Null zu senken und die natürlichen Senken zusätzlich auszubauen.

 

In der politischen Diskussion werden Negativemissionen oft nur deshalb propagiert, um ein größeres Zeitfenster zum Umsteuern zu suggerieren oder eine Legitimation für die weitere Nutzung fossiler Energiequellen zu bilden. Solange klimapolitische Zielsetzungen nicht auf dem Ziel der CO2-Emissionsfreiheit basieren, sondern in relevantem Umfang zum Instrument einer Kompensation für erfolgte Emissionen greifen wollen, dienen sie aber eher der Verzögerung notwendiger Entwicklungen emissionsfreier Technologien und Prozesse, als dass sie der rechtzeitigen Erreichung einer CO2-freien Welt dienen. Diese Verzögerungstaktik bekämpft nicht die Ursachen der Klimakrise, weil sie den dringend erforderlichen sozial-ökologischen Strukturwandel der Gesellschaft weg von treibhausgasintensiven, auf fossilen Brennstoffen beruhenden, Konsummustern und Produktionsweisen bremst.

 

Die Begriffe “Netto-Null-Emissionen”, “Treibhausgasneutralität” oder “Klimaneutralität” lassen aber genau diese Verzögerungstaktik zu. Deshalb müssen wir präzise formulieren, was unser Ziel ist: tatsächliche Nullemissionen, nicht Netto-Nullemissionen – nicht nur CO2-Neutralität, sondern CO2-Freiheit.

 

Das bedeutet, dass alle CO2-Emissionen aus Stromerzeugung, Verkehr und Gebäuden voll-ständig auf Null reduziert werden müssen. Grundsätzlich gilt dies auch für die Emissionen aus der Industrie. Hier gibt es allerdings Prozesse, bei denen Treibhausgase entstehen, und die bisher noch als schwierig zu ersetzen gelten. Hier macht unser Ziel Treibhausgasfreiheit statt Treibhausgasneutralität einen großen Unterschied: Statt auf Kompensation zu spekulieren, müssen wir auch für auch alle industriellen Prozesse mittelfristig anstreben, sie CO2-emissionsfrei zu gestalten oder Alternativen für diese Prozesse und die produzierten Stoffe zu finden. Sollten trotz aller Anstrengungen immer noch Emissionen aus industriellen Prozessen, die unvermeidbar und alternativlos sind, entstehen, müssen sie durch Negativemissionen ausgeglichen werden. Dasselbe gilt für Emissionen aus der Landnutzung.

 

Hinter Begriffen wie “Netto-Null-Emissionen” oder “Treibhausgasneutralität” verbirgt sich oft eine Verzögerungstaktik, die suggeriert, fortgesetzte Emissionen könnten mit Negativemissionen anderswo verrechnet werden. Aber dafür ist das begrenzte Potential an akzeptablen, tatsächlich verfügbaren Negativemissionen viel zu begrenzt und kostbar. Treibhausgasneutralität kann eine Zwischenetappe auf dem Weg zu Null CO2-Emissionen sein, aber sollte für Grüne kein Ziel an sich sein. Unser Grundsatzprogramm sollte statt-dessen als Ziel formulieren, dass wir eine CO2-freie Gesellschaft und Wirtschaft erreichen wollen“.

 

Diskussionen

Deutschland soll Vorreiter bei negativen CO2-Emissionen sein, auch bei der Forschung.

Geoengineering ist abzulehnen.

CO2 aus der Atmosphäre rausziehen anders formulieren.

Es ist etwas länglich geworden.

Der Begriff „Treibhausgasfreiheit“ ist wissenschaftlich nicht ganz korrekt. CO2-Emissionen aus PtCH4 ist im Papier als CO2-frei definiert, da im Kreislauf geführt.

 

Abstimmung: einstimmig angenommen bei drei Enthaltungen

 

 

Antragsteller: Ingo Stuckmann

„Der wichtigste Punkt, um Paris 2035 Nettonull umzusetzen, muss ins Grundsatzprogramm. Erneuerbare Energien sind heute auf Vollkostenbasis im Strombereich die günstigste Energiequelle und erlauben uns mit unserem System dem Desaster zu entgehen – und das sogar wesentliche günstiger ! Damit gibt es überhaupt keinen Grund mehr, nicht zu handeln.“

 

Abstimmung: Mit großer Mehrheit abgelehnt

 

 

Antragsteller: Detlef Matthiessen

„Natürliche Monopole öffentlich bewirtschaften

 

Keine Privatisierung der Versorgung mit Energie und Wasser

Strom- und Gasleitungen sollen als notwendige Infrastruktur der Daseinsvorsorge in die Öffentliche Hand übertragen werden.

Das gilt auch für die Wasserversorgung als Ganzes.

 

Der gleichzeitige Besitz von Strom oder Gas und der dafür notwendigen leitungsgebundener Infrastruktur setzt einen beständigen Reiz zur Selbstbegünstigung. Der diskriminierungsfreie Zugang zu Stromnetzen, zu Gasleitungen und -speichern ist jedoch die Grundvoraussetzung für freie Energiemärkte und die unbehinderte Teilnahme aller Akteure.

Große Energiekonzerne nutzen ihre Netze für besseren Zugang zu Endkunden, für selbstbegünstigende Entscheidungen, technische Regeln und Normungen in den Gremien, zur Behinderung und Erschwerung von Netzanschlussbegehren der konkurrierenden Erzeugung kleiner und mittelständischer Unternehmen u.v.m.

 

Nicht ohne Grund fordert die EU in ihren Binnenmarkt-Richtlinien das Ownership-Unbundling, also die Entflechtung im Eigentum, für die Infrastruktur.

 

„Wer das Netz hat, hat die Macht“, schrieb das Handelsblatt und diese Macht gehört in die öffentliche Hand. Wir wollen Diskriminierungsfreiheit nicht durch ebenso aufwendige wie unvollkommene mit BundesNetzAgentur [BNetzA] und Monopolkommission zahllose und überkomplizierte Gesetze und Verordnungen (siehe z.B. Anreizregulierungsverordnung) wahren, sondern als neutraler Eigentümer für das Gemeinwohl wirklich durchsetzen zu können.

 

Die kaufmännische und technische Betriebsführung kann mit Ausschreibungen quasi „privatwirtschaftlich“ erfolgen.

Energie-, Wasser- und Abwasserleitungen sind „natürliche Monopole“, d.h. es liegt in ihrer Natur, Monopol zu sein. Niemand baut ein paralleles Stromnetz, um mit Strom zu handeln, sondern man ist auf die Nutzung der vorhandenen Infrastruktur angewiesen.

 

Die Gewinne aus der Bewirtschaftung – die Monopolrenten – gehören nicht in private Hände.

Der Staat kann es besser und kostengünstiger als Private und sollte das Eigentum an der Versorgungsinfrastruktur innehaben, um freie Märkte zu garantieren“.

 

Diskussion:

Die öffentliche Hand ist nicht wirtschaftlich effizienter. Stromnetzes müssen sich nicht unbedingt in öffentliche Hand befinden. Beim Wasser sieht es anders aus. Das Wasser soll sich in öffentlicher Hand befinden

Die vielen Netzbetreiber arbeiten gegeneinander statt miteinander.

Wasser, Gas und Strom in einem Antrag zu behandeln, ist sehr schwierig, da diese sehr unterschiedlich sind.

Wir haben das innerhalb der BAG Energie noch zu wenig diskutiert, um diesen Antrag in das Grundsatzprogramm einzuspeisen.

 

Ein Ownership-Unbundling ist wichtig.

Wir müssen eine klare Absage zur Privatisierung der Daseinsvorsorge erteilen.

Die Stichworte sollen bei der Schreibgruppe des Grundsatzprogramms landen.

 

GO-Antrag: Antrag an den AK Strommarktdesign überweisen: 10 ja, 10 nein

Damit ist der GO-Antrag abgelehnt.

 

Vorschlag: Zeitplan einfügen für die Umsetzung

 

Abstimmung: 15 ja, 7 nein, 2 Enthaltung => Mit Mehrheit angenommen

 

 

Antragsteller: Detlef Matthiessen

„Stromkunden am Markt aktiv beteiligen

 

Bislang nehmen StromkundInnen nicht am Strommarkt direkt teil, sondern können nur zwischen den Anbietern verschiedener Tarife wählen. Den Strompreis und damit das tatsächliche Marktgeschehen sehen sie nicht.

Der Strommarkt braucht jedoch neben technischen Lösungen auch eine neue ökonomische Steuerung, die vor allem auch die Verbraucherseite (engl. demand side management DSM) einbezieht. Künftige Strommärkte mit sehr hohen Anteilen erneuerbarer Erzeugung – vor allem Wind- und Solarenergie – brauchen einen auf ihre Stochastik reagierenden flexiblen Verbrauch.

 

Preissignale sind die günstigste Art Flexibilität im Markt zu erhöhen.

Deshalb wollen wir

  • Preise statt mischkalkulatorischer Tarife, beginnend bei Gewerbetreibenden und Haushalten mit hohem Stromverbrauch
  • Die versteinerten Strompreise zum Leben erwecken durch eine Dynamisierung der Stromnebenkosten

Preissignale müssen, um systemdienlich zu wirken, direkt – ohne zeitliche Verzögerung, ohne Verpackung in einem Tarif – bei allen relevanten Abnehmern (also den Endkunden) und Produzenten (also der Stromerzeugung) ankommen. Dafür brauchen wir keine Vielzahl an innovativen Tarifen. Vielmehr müssen die Preise von den tatsächlichen Knappheiten im System bestimmt werden.

 

Tarife sind mischkalkulatorische Einheitspreise, selbst die ausdifferenziertesten Tarife können nicht die notwendigen Flexibilitäten liefern, sondern stiften eher Verwirrung, wie wir es von z.B. Handytarifen kennen.

 

Stromkundinnen brauchen keine Tarife.  Stromkundinnen sind nicht doof. Sie sind im Gegenteil von Natur aus schlauer als der Stromhändler, weil nur sie ihren Bedarf wirklich kennen. Die Fensterfabrik kennt ihre Auftragslage, nicht der Stromhändler. Die Lehrerin weiß, wann sie ihr E-Auto braucht, nicht der Stromhändler.

 

Wir wollen die technischen Möglichkeiten der modernen Informations-Technologie dafür nutzen, dass LetztverbraucherInnen ständig über den jeweiligen Preis informiert werden und mit diesen Preissignalen ihr Verbrauchsverhalten der Verfügbarkeit des Stromangebotes anpassen können. Das Preissignal soll bidirektional an die Verbraucherseite und zeitgleich auch an die Erzeugerseite gesendet werden.

 

Der Erzeugungspreis bildet nur ein Fünftel des gesamten Endkundenpreises ab. Die bislang starren Preisbestandteile (Cent pro Kilowattstunde) wie Netzentgelte, Abgaben, Umlagen und Steuern sollen daher wie die Mehrwertsteuer prozentual vom jeweiligen an den Grenzkosten orientierten Preis erhoben werden. Damit wird die Preisbewegung deutlicher und die Reaktivität des Marktes – die Flexibilität – steigt durch dies Dynamisierung der Nebenkosten.

Damit kongruieren die physikalischen Aufgaben des Netzbetreibers mit der Ökonomie. Der TSO (Transmission System Operator = ÜNB Übertragungsnetzbetreiber) bestellt Kraftwerksleistung hinzu, um erhöhte Nachfrage zu decken. Gleichzeitig sorgt der steigende Preis für eine Dämpfung der Nachfrage. Physik und Ökonomie Hand in Hand“.

 

Diskussion:

Große Preispeaks können bei Haushalten zu Problemen führen.

„Ohne zeitliche Verzögerung“ kann zu Instabilitäten im Stromnetz führen. Eine Zeitverzögerung wäre daher wichtig, um Instabilitäten im Stromnetz zu vermeiden.

Der Antrag ist zu detailliert für ein Grundsatzprogramm.

GO-Antrag: Den Antrag überweisen an den AK Energiemarktdesign: Es gab keine Gegenrede. Somit wird der Antrag an den AK Energiemarktdesign übertragen.

 

Einschub persönliche Erklärungen

Es gab einige persönliche Erklärungen.

  • Karl-Wilhelm Koch
  • Heike Gleißner
  • Daniel Lübbert

 

 

Sitzungen der BAG Energie in 2020

Themen:

  • Planung eines Treffen mit der BAG Wirtschaft und Finanzen
  • Bundestagsprogramm 2021
  • European Green New Deal: 1
  • Energiewende und Industriepolitik: 5
  • Speicherung inklusive Wasserstoff: 3
  • Wärme und Wärmewende: 4
  • Regulatorischer Rahmen für die Energiewende: 2
  • Energiewende, Netzpolitik, Digitalisierung
  • Netzstabilität, Netzbooster
  • Subventionen
  • Negativemissionen
  • Suffizienz
  • Emissionsfreie Antriebe
  • Kommunikation zu Klimaschutz und Energiewende
  • Energetische Verwertung von Müll
  • Gutachten zur Umstellung von 100% erneuerbare Energien bis 2030

 

 

Termine:

  • bis 17. Mai 2020 in NRW zusammen mit BAG Landwirtschaft
  • bis 13. September 2020 mit Schwerpunkt Grundsatzprogramm

 

Jörg Dengler will einen AK Wärme einrichten. Jörg wird etwas für die nächste Sitzung vorbereiten. Es gibt eine BAG Bauen Wohnen, mit der er Kontakt aufnehmen wird. Zur Wärme gehört auch das Thema Abwärme aus der Industrie.

Erneuerbare Energien Szenarien e.V. (ErnES) bietet das 100prosim Kalkulationstool an, mit dem Erneuerbare-Enegien-Szenarien erstellt werden können. ErnES brauchen noch weitere Unterstützer z.B. Programmierer. Momentan wird Excel verwendet. Es gibt aber Überlegungen, das Tool mit der Programmiersprache Jawa zu überführen.

Schlussrunde.

 

Ende der Sitzung.

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