Kommentar von Astrid Schneider, Sprecherin der BAG-Energie zum Desertec-Projekt

Zum konkreten Desertec-Projekt:

die meisten EE-100%-Szenarien für Deutschland oder Europa rechnen einen Anteil Import-EE-Strom ein (15% ist keine schlechte Größenordnung)

überregionale und sogar interkontinentale Vernetzung hilft mehr Netzsicherheit herzustellen und kann Speicher- und Fluktuationsprobleme lindern helfen

Großprojekte helfen die spezifischen Technologiekosten zu senken – daher sind Großprojekte auch für kleinere vorteilhaft, weil sie dann billigere Technik nutzen können. D.h: wenn Desertec konzentrierende Spiegelanlagen als Industrie-Massenprodukt durchplant und gleichzeitig Kosten senkt und die Anlagen verbessert ist das ein Vorteil für alle anderen Anwender in der Region

die systematische Erschließung der Solarpotentiale der Wüstenregionen ist sinnvoll

nach allen vorliegenden Potentialstudien stehen genügend geeignete Flächen in Nordafrika zur Verfügung, um nicht nur die Regionen selbst zu versorgen, sondern auch massiv zu exportieren (Einzelfallprüfung notwendig). Das ist eine wirtschaftliche Chance die genutzt werden sollte.

Probleme des Projektes:

Technologie: man sollte keinesfalls zu einseitig nur auf eine Technologie setzen. Die Tatsache, daß speziell die Rinnenkollektorenhersteller das Projekt gepuscht haben kann auch zu falschen Schlüssen führen. Auch Windkraft ist an der Nordafrikanischen Küste sehr interessant.

Nutzer: es wurde bislang etwas zu wenig auf die Nutzer geschaut: die Europäer könnten wahrscheinlich vorteilhafter südeuropäische Potentiale nutzen, die Nordafrikaner vermutlich dezentralere Anlagen

Kosten: Strom aus der Wüste wird für deutsche Verbraucher keinen Cent günstiger sein, als heimischer. Man vergleiche einfach die Kosten für Wüstenöl und welche Faktoren zur Preisbildung für den Verbraucher führen mit den zu erwartenden Preisbildungsmechanismen für Wüstenstrom – zudem erinnere ich an den ‘Merit-Order-Effekt’ an der Börse und die aktuelle Diskussion, sowe die EU-Kartellverfahren um Preismanipulation: günstig wird der Strom nur durch günstigen Spitzenlaststrom und nicht durch Grundlaststrom von Monopolisten.

Fazit: ein interessantes Projekt, aber keines, das hier irgendwelche dezentralen und zentralen Bemühungen aushebeln sollte und eines, welches gemäß oben aufgeführten Punkten näher analysiert werden sollte.

Der zweite weise Beschluß, den die Grünen gefaßt haben, ist der der ERENE, der europäischen Gemeinschaft für erneuerbare Energien. Es macht sehr viel Sinn diese zu gründen und dann ein Gesamtkonzept für 100%-EE-Strom und seine Netzbedürfnisse in Europa zu machen und nach einem solchen Masterplan einzelne Projekte auch Großprojekte einzuordnen und entsprechend die Leitungen auszubauen.

Der dritte wiese Beschluß ist eine deutsche Netzgesellschaft zu gründen, so daß der Netzausbau unabhängig von den Interessen einzelner Monopolisten erfolgen kann.

Also Freunde: wir haben ein sehr gutes Instrumentarium aufgebaut, mit welchem wir 100% EE richtig voranbringen können – und auch zum Vorteil der Verbraucher.

Jetzt müssen wir nur noch eines: diese Argumente im Wahlkampf herausstellen und die Wahl gewinnen!

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